Dieselgipfel: Folgt das allgemeine Fahrverbot für Dieselfahrzeuge?

08.01.2018

Luftverschmutzung durch Industrieanlagen.
Abgase in der Luft – Schuld daran sind Industrie und Fahrzeuge mit unzureichender Abgas-Filterung. Aber was ist mit "saubereren" Dieseln?

In 28 deutschen Städten drohen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge. Nach jahrelanger Missachtung der Schadstoffgrenzwerte in den Innenstädten, wurde beim Dieselgipfel in Berlin ein milliardenschweres Sofortprogramm aufgelegt. Reicht der beschlossene Dieselfonds aus oder droht Besitzern von Selbstzündern nun ein Fiasko? Wir beleuchten die Hintergründe und zeigen auf, was auf Sie zukommen könnte.

Kommen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge?

Die Gefahr, dass Fahrverbote für Diesel in den betroffenen Kommunen gerichtlich erzwungen werden, ist akut. Der Grund dafür liegt darin, dass in zahlreichen deutschen Städten die Grenzwerte an gesundheitsschädlichen Stickoxiden anhaltend überschritten werden. Am 28. November 2017 trafen sich daher Bürgermeister aus dem ganzen Land mit Bundeskanzlerin Merkel zum Dieselgipfel in Berlin.

❗Insgesamt umfassen die finanziellen Mittel zur Schadstoffreduktion eine Milliarde Euro:

  • 350 Millionen Euro sind für die Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs eingeplant,
  • 150 Millionen Euro sind für die Nachrüstung von Dieselbussen vorgesehen und
  • bis zu 500 Millionen Euro sollen in digitalisierte Verkehrsleitsysteme fließen, mit denen der Verkehrsstrom optimiert werden soll.

Achtung-Schild: Drohen Diesel-Fahrverbote?
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Plänen zur Schadstoffreduktion, um die drohenden Fahrverbote für Dieselfahrzeuge abzuwenden.

Zahlreiche Gipfelteilnehmer und Experten kritisieren, dass das Budget zu gering sei, um nennenswerte Ergebnisse zu erzielen. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks beurteilt die beschlossenen Maßnahmen als ungenügend. Sie sieht insbesondere die Automobilindustrie in der Pflicht und fordert Nachrüstungen an Motorbauteilen. Unterdessen weigern sich Autoimporteure an der Finanzierung der Luftreinhaltung mitzuwirken. Dies verzögert die Durchführung erster Pläne, die drohenden Fahrverboten entgegenwirken könnten.

[poll id="37"]

Wie wahrscheinlich sind Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten?

Die EU-Kommission droht derzeit mit einem Verfahren wegen Vertragsverletzung, denn Bund und Länder haben zu spät auf die kontinuierliche Luftverschmutzung reagiert. Die Folge daraus wären hohe Strafen für die Kommunen. Somit gewinnt ein weiteres Datum an Bedeutung: der 22. Februar 2018. An diesem Tag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über mögliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge.

Dem zugrunde liegen Klagen der Deutschen Umwelthilfe gegen mehrere deutsche Städte. Einige Verwaltungsrichter gaben der Organisation bereits recht. So müssen die Grenzwerte in Düsseldorf und Stuttgart schnellstens eingehalten werden, wobei Fahrverbote als verhältnismäßig angesehen werden. Das Verfahren in Düsseldorf liegt nun bei der höchsten gerichtlichen Instanz: Das Bundesverwaltungsgericht muss entscheiden. Für die Gerichte wird insbesondere entscheidend sein, ob die Werte an den Messstationen nachweislich sinken.

⚙ Können die finanziellen Mittel aus dem Dieselgipfel in Berlin bereits im ersten Quartal 2018 eine ausreichende Wirkung entfalten?

Die düstere Prognose lautet, dass Fahrverbote für Dieselfahrzeuge kaum abzuwenden sind. Nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Stuttgart, Hamburg, München und Köln, ist die Situation brisant. Insgesamt sind in erster Linie Kommunen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen betroffen.

Wie könnten Fahrverbote in deutschen Städten aussehen?

Kölner Straßenzug-Luftaufnahme:Stockender Verkehr
Wie die Luftverschmutzung letztlich reduziert wird, bleibt vermutlich jeder Kommune selbst überlassen.

Eine mögliche Umsetzung der Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge ist bisher nicht absehbar. Vieles deutet darauf hin, dass die Verbotszonen auf besonders stark belastete Stadtteile oder Straßenzüge beschränkt werden. Die Einführung von Ausnahmeregelungen ist unwahrscheinlich – auch für Euro-6-Diesel. Ob Sonderregelungen für Oldtimer geplant sind, ist ebenfalls nicht bekannt. Weiterhin ist unklar, ob Verbote ganzjährig oder nur tageweise gelten sollen. Letztlich dürfte die Gestaltung der Fahrverbote in jeder Kommune anders aussehen.

Kann die blaue Plakette Dieselverbote verhindern?

Die blaue Plakette würde schmutzige von sauberen Dieseln abgrenzen. Das Resultat wäre auch bei diesem Szenario ein Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge. Euro-6-Fahrzeuge dürften jedoch – anders als bei einem generellen Dieselfahrverbot – weiterhin in Innenstädte einfahren. Die verschiedenen Konzepte unterscheiden sich in erster Linie im zeitlichen Rahmen.

Mit der Etablierung der blauen Plakette hätten Autofahrer mehr Zeit, sich mit alternativen Lösungen zu beschäftigen. Hierzu zählt beispielsweise ein prämiengeförderter Umstieg auf ein schadstoffärmeres Auto. Auch Nachrüstungen, welche Abhilfe schaffen könnten, werden von der Automobilindustrie vorbereitet. Jedoch beinhalten die Abgas-Nachbesserungen keine Umbauten an Dieselmotoren. Diese wären kostspieliger und werden laut VDA (Verband der Automobilindustrie e.V.) abgelehnt.

Bis dato kommen allerdings noch keine Signale aus Berlin, die auf eine Einführung der blauen Plakette hindeuten.

Fazit: Der Dieselgipfel hat für Bewegung gesorgt – aber mit welchen Folgen?

Der Dieselgipfel in Berlin hat dafür gesorgt, dass deutsche Städte konkrete Ansätze angehen. Nun existiert ein Budget für Projekte, die zu sauberer Luft in stark belasteten Zonen beitragen sollen. Ebenso gilt es, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu vermeiden. Dennoch werden die Richter nicht den guten Willen bewerten, sondern Messwerte. Am 27.Februar 2018 entscheidet das Gericht in Leipzig, ob Fahrverbote rechtlich zulässsig sind.

Für Dieselbesitzer bleibt ein kleiner Hoffnungsschimmer: Das Bundesverwaltungsgericht könnte befinden, dass kurzfristige und pauschale Verbote eine zu große soziale Härte für die betroffenen Autofahrer darstellen. Ein Urteil zugunsten von Dieselfahrern bedeutet zugleich ein größeres Zeitfenster für die Kommunen.

Diese müssen handeln:

• Flotten umrüsten,
• das ÖPNV-Angebot ausweiten,
• den Verkehrsfluss optimieren und
• Parkleitsysteme verbessern.

Auch Sie als Autobesitzer würden Zeit gewinnen, Ihr Fahrzeug nachzurüsten oder auf eine andere Antriebstechnologie umzusteigen.

[ratings]
[twoclick_buttons]