Altkennzeichen

MO, GD, BOH, LEO, GC oder CAS – das sind nur wenige der Ortskürzel, die für viele Jahre wortwörtlich aus dem Verkehr gezogen wurden. Seit dem 1. November 2012 können ehemals abgeschaffte Kfz-Kennzeichen, sogenannte „Altkennzeichen“ wieder beantragt werden. Grundlage für die Wiedereinführung war eine Reform der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit Zustimmung des Bundesrates. Die Kennzeichenliberalisierung fand ein großes Interesse bei den Bürgern. Bundesweit wurden bereits über 300 Unterscheidungskennzeichen wieder zum Leben erweckt.

Gebietsreformen – ein Kreiszeichen ersetzt mehrere Regionalkürzel

Ende der 1960er-Jahre und Anfang der 1970er-Jahre wurden in den alten Bundesländern, nach 1990 auch in den neuen Bundesländern, aufgrund von Kreisgebietsreformen viele Bezirke zusammengelegt und neue Landkreise gebildet. Die Folge: Auf den Kfz-Kennzeichen verschwanden viele Städte- und Gemeindekürzel. Stattdessen wurde den neuen Landkreisen ein einziges Regionalkürzel zugewiesen. Denn es galt: pro Zulassungsbezirk = ein Kennzeichenkürzel. Die Reformen sollten ein Zusammenwachsen in den Landkreisen erzielen.

Neben SO gild nun auch das Altkennzeichen LIP im Landkreis Soest

Beispiel: Anfang 1975 entstand aus den ehemaligen Kreisen Soest, Lippstadt, Warstein sowie Arnsberg und weiteren Gemeinden der heutige Kreis Soest. Der neu zusammengelegte Landkreis behielt das Unterscheidungszeichen „SO“, welches bereits seit der Einführung der bis heute gültigen Kfz-Kennzeichen im Jahre 1956 (alte Bundesländer) existiert. Durch die nordrhein-westfälische Gebietsreform entfielen die Regionalkürzel der damaligen Landkreise z.B. „LP“ für den Landkreis Lippstadt. Dieses wurde im Zuge der Kennzeichenliberalisierung im Dezember 2012 wieder eingeführt.

Ein Fahrzeug, das noch ein ehemaliges Kennzeichen trug, durfte weitergeführt werden. Bis heute gibt es Fahrzeuge, die noch ein Kfz-Kennzeichen ohne EU-Kennung (Einführung im Jahr 1994) und mit altem Ortskürzel tragen. Das sind häufig Traktoren, da diese sehr langlebig sind. Solche Nummernschilder werden als auslaufend bezeichnet. Bei Neuanmeldungen oder Ummeldungen müssen die Altkennzeichen dann gegen das neue Kreiskennzeichen ausgetauscht werden.

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Viele Stimmen für die Liberalisierung der Altkennzeichen

Einen wesentlichen Einfluss auf den Beschluss zur Wiedereinführung von Altkennzeichen hatte das Forschungsprojekt Heilbronner Initiative Kennzeichenliberalisierung unter der Leitung von Prof. Dr. Ralf Borchert von der Hochschule Heilbronn. Um herauszufinden, wie die Bevölkerung zu einer Wiedereinführung von Altkennzeichen steht, wurde in den Jahren 2010 bis 2012 eine Umfrage mit rund 50.000 Personen in über 200 Städten durchgeführt.

Rund 72% der Befragten wünschten sich die abgeschafften Kfz-Kennzeichen wieder, etwa 13% waren dagegen. Der Rest zeigte Desinteresse an diesem Thema. Der Vergleich alte Bundesländer und neue Bundesländer zeigte, dass etwa zwei Drittel der Befragten aus den alten Bundesländern und 80% aus den neuen Ländern für die Liberalisierung stimmten. Die Gebietsreformen in den neuen Bundesländern fanden etwa 20 Jahre später statt. Daraus wurde unter anderem das Resultat gezogen, dass je kürzer der Kennzeichenverlust zurückliegt, desto mehr Zuspruch fand die Altkennzeichen Wiedereinführung. Andererseits ließ das Ergebnis laut Prof. Borchert erkennen, dass das Thema Kennzeichenliberalisierung eine gewisse Nachhaltigkeit und Langfristigkeit habe.

Des Weiteren ergab sich aus der Befragung, dass sich nicht nur ältere Menschen, die die Gebietsreformen zum größten Teil miterlebt haben, eine Wiedereinführung wünschten, sondern auch die Altersgruppe von 16 bis 30 Jahren (ca. 75%). Im Vergleich der Bundesländer gab es in Sachsen am meisten Zustimmung (ca. 86%), gefolgt von Niedersachsen (ca. 76%) und Nordrhein-Westfalen (ca. 75%).

Altkennzeichen – wo gibt es die meisten bzw. wenigsten?

Bisher haben 12 Bundesländer Altkennzeichen beantragt. Das Saarland hat die Wiedereinführung als einziges Bundesland abgelehnt. In den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen gibt es keine Altkennzeichen. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind die einzigen Länder, die alle Altkennzeichen reaktiviert haben. Auf die Größe der Städte bezogen, gab es mehr Stimmen für die Kennzeichenliberalisierung in Städten mit mehr als 30.000 Einwohnern. In der folgenden interaktiven Infografik sehen Sie den aktuellen Stand der Altkennzeichen Wiedereinführung:

Eines der bis heute am meisten nachgefragten Kennzeichenkürzel ist wie im oben benannten Beispiel „LP“ für Lippstadt in Nordrhein-Westfalen. Als Standardkennzeichen gilt weiterhin die Kennzeichenkombination des Landkreises. Wer in einer Stadt oder einem Kreis mit wiedereingeführtem Ortskürzel wohnt, kann sich nun bei der Anmeldung eines Fahrzeugs zwischen dem Kreiskennzeichen und den alten Kennzeichen entscheiden.

Altkennzeichen stärken Identität mit der Heimat

Mit der Wiedereinführung der abgeschafften Kfz-Kennzeichen können die Bewohner ihre regionale Identität wieder hervorheben. Die Welt wird laut Prof. Borchert heute als großräumig und multioptional empfunden. Durch die Gebietsreformen und den Wegfall von regionalen Kennzeichen entfiel gleichzeitig ein Stück der Identität mit der eigenen Stadt. Der Landkreis und die Kreisstadt werden eher als neutral und „weit weg“ gesehen.

Nostalgie als Trend

Der Wunsch nach Authentizität, Verlangsamung, Überschaubarkeit und dem Wiedererkennen der nächsten Umgebung steigt. Das eigene Kfz und die Kennzeichenkombination verbindet Mensch und Stadt. Borchert vergleicht das Nummernschild mit dem Namensschild an der Haustür, schließlich soll dort der eigene und kein fremder Name stehen. Dieser Trend spiegelt sich immer mehr bei jungen Menschen wieder. Gegenstimmen gibt es von Oldtimer-Fans. Durch die Kennzeichenliberalisierung gehe die Besonderheit der noch bestehenden auslaufenden Kennzeichen verloren.

Für die Regionen bedeutet die Kennzeichenliberalisierung nicht nur einen Imagezuwachs, da das Kennzeichenkürzel auf eine bestimmte Region hinweist, sondern auch einen finanziellen und wirtschaftlichen Vorteil. Denn die Einnahmen durch die Ausgabe der alten Kfz-Kennzeichen fließen in die öffentliche Kasse. ­­­­

Länder beantragen die Altkennzeichen Wiedereinführung

Allein die Bundesländer und nicht die Zulassungsbehörden entscheiden darüber, ob ein Altkennzeichen wiedereingeführt werden soll. Die Genehmigung erfolgt dann über das BMVI, wenn entsprechende Anträge von den Ländern eingereicht werden. Dabei orientiert sich das Bundesministerium am Stimmungsbild der Bevölkerung. Ist die Mehrheit deutlich für die Wiedereinführung, steht einer Zulassung eines Altkennzeichens nichts im Wege.

Ausnahmen sind, wenn das Kennzeichen bereits vergeben ist, aus der DDR-Zeit stammt oder auf Tabu-Themen hinweist. In diesen Fällen wird das Ortskürzel abgelehnt. Das BMVI macht keine eigenen Vorschläge und mischt sich auch nicht in den regionalen Entscheidungsfindungsprozess ein. Es ist auch möglich neue, noch nicht zugelassene Buchstabenkombinationen zu beantragen. Das geht aber nur, wenn auch neue Verwaltungsbezirke entstehen.

Neue lustige Kennzeichenkombinationen möglich

Mit der Wiedereinführung der ehemals abgeschafften Kfz-Kennzeichen können auch wieder lustige Wörter mit dem Ortskürzel und der Buchstabenkombination gebildet werden. Im Folgenden stehen ein paar Beispiele für Wortbildungen mit den Altkennzeichen:

(Name der Stadt) / Ortskürzel / Buchstabenkombination

(Beckum) BE TT
(Herne) WAN  NE
(Monschau) MON  D
(Sulzbach-Rosenberg) BUL  LE
(Horb) HOR  N
(Bias) ZE  LT
(Tecklenburg) TE  E
(Weilburg) WEL  T
(Prüm) PRÜ  DE
(Eckernförde) ECK  E
(Wolfach) WOL  LE

Wer ein Altkennzeichen mit Wunschkombination haben möchte, bezahlt für die Reservierung bei der Zulassungsstelle 10,20 € (bei einer Vorabreservierung zusätzlich 2,60 €) und für die Schilderprägung zwischen 25 und 40 Euro. Auf www.wunschkennzeichen-reservieren.de können sie bequem von zuhause aus Ihr Wunschkennzeichen reservieren und bestellen.